125 Jahre Rheinmetall – die Jahre 1889 bis 1918
„Zeigen sie den Türken doch mal unsere Zünderfabrik“
Eine Fundgrube für zahlreiche Anekdoten über Rheinmetall in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sind die autobiographischen Schriften von Heinrich Ehrhardt. Eine dieser Geschichten rankt sich um das Aufsichtsratsmitglied der Rheinischen Metallwaaren- und Maschinenfabrik, Generalmajor z. D. Carl Gustav Becker (1842–1913), den früheren Leiter der reichseigenen Artilleriewerkstätten.Ehrhardt erhoffte sich zu jener Zeit, etwa um 1899, einen großen Auftrag aus der Türkei: Der einstmals mächtige Staat am Bosporus wollte sein Heer mit neuer Munition samt Zündern ausstatten, und das möglichst „aus einer Hand“. Ehrhardt kämpfte dabei mit einem Problem: Rheinmetall stellte damals noch keine Zünder her. Dennoch hatte Ehrhardt eine türkische Kommission eingeladen, die Rheinmetall-Werke in Düsseldorf zu besichtigen. „Ich geriet damals in eine furchtbare Aufregung und Verlegenheit“, schrieb er in seinem Buch „Hammerschläge“. Sobald die Herren der türkischen Kommission nach Konstantinopel berichteten, dass Rheinmetall keine Zünder herstellen konnte, wäre der Auftrag „perdu“. Und so beschloss er zu bluffen.
Ehrhardt ließ sich Zünder, die er fabrikneu für eigene Schießversuche in seiner Fabrik in Zella-Mehls hatte,nach Düsseldorf liefern, spannte sie in der Derendorfer Fabrik in die Drehbänke und Werkzeugmaschinen ein und ließ die Arbeiter daran arbeiten. Diese „mögen geglaubt haben, bei mir stimme es nicht recht im Oberstübchen“, schrieb er. Da Ehrhardt jedoch selbst an dem Tag des Besuches der türkischen Kommission einen wichtigen Termin wahrnehmen musste, bat er seinen Aufsichtsratskollegen Becker darum, die Türken durch die Fabrik zu führen und ihnen weis zu machen, Rheinmetall stelle Zünder her. Und dieser glaubte nun wirklich, mit Ehrhardt könne irgendetwas nicht stimmen. Als alter preußischer Offizier war ihm ein derartiger Schwindel zuwider, und Ehrhardt und Becker „kamen hart aneinander, und ich habe ihm meine Meinung vielleicht zu temperamentvoll gesagt.“ Mit der Folge, dass der Generalmajor sofort aus dem Aufsichtsrat zurücktrat.
Dem Türkeiauftrag schadete dies nicht. Ehrhardt gelang es angeblich, seinen Termin zu verschieben, er selbst hatte keinerlei Skrupel, den Türken das „Potemkin’sche Dorf“ der Zünderfabrik vorzuführen. Und es gelang ihm auf Drängen seiner Kollegen im Aufsichtsrat, Becker zum Rücktritt vom Rücktritt zu bewegen, wofür natürlich eine Entschuldigung bei dem alten Haudegen notwendig war. Darüber aber berichtet Ehrhardt in seinen Memoiren nicht. Und die Munition konnte auch geliefert werden: Kurz darauf erwarb Rheinmetall die Fabrik des Nicolaus von Dreyse in Sömmerda – und damit besaß Ehrhardt auch die Kompetenz und die Einrichtungen für die Fertigung von Zündern.
Dem Türkeiauftrag schadete dies nicht. Ehrhardt gelang es angeblich, seinen Termin zu verschieben, er selbst hatte keinerlei Skrupel, den Türken das „Potemkin’sche Dorf“ der Zünderfabrik vorzuführen. Und es gelang ihm auf Drängen seiner Kollegen im Aufsichtsrat, Becker zum Rücktritt vom Rücktritt zu bewegen, wofür natürlich eine Entschuldigung bei dem alten Haudegen notwendig war. Darüber aber berichtet Ehrhardt in seinen Memoiren nicht. Und die Munition konnte auch geliefert werden: Kurz darauf erwarb Rheinmetall die Fabrik des Nicolaus von Dreyse in Sömmerda – und damit besaß Ehrhardt auch die Kompetenz und die Einrichtungen für die Fertigung von Zündern.
Adelig oder bauernschlau?
Der thüringische Ingenieur Heinrich Ehrhardt baute seit 1889 die Düsseldorfer Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik auf und gehörte von Beginn an bis 1920 dem Aufsichtsrat der Gesellschaft an, seit 1897 als dessen Vorsitzender. Bis heute bleibt seine Abstammung ein unaufgeklärter Mythos. Dessen ungeachtet ist bemerkenswert, wie er als Waisenkind harte Lehrproben mit einer gewissen Bauernschläue gemeistert und sich als junger Mann vielen Rückschlägen zum Trotz mit Ehrgeiz und Ausdauer hochgearbeitet hat.In der Gerüchteküche um Heinrich Ehrhardt kochen bereits zu seinen Lebzeiten unterschiedliche Geschichten hoch. In seiner Autobiographie „Hammerschläge“ beschreibt er den Niedergang seiner Großfamilie, die Anfang des 19. Jahrhunderts in der Folge der napoleonischen Kriege ihr Vermögen verlor. Sein Großvater, zuvor ein wohlhabender Büchsenmacher, zog mit seiner Familie aus seiner Villa in ein kleines Haus am Hochwald, nördlich von Eisenach im Thüringer Wald gelegen. Heinrich wurde als Sohn eines Waldbauern geboren, der sich und seine Familie mit Gelegenheitsjobs mühsam durchbrachte – von Heinrich Ehrhardt selbst ist diese Geschichte so erzählt worden. In seiner Biographie erwähnt er scherzhaft, dass er zwar nicht hochwohlgeboren, sondern nur hochwaldgeboren wurde, aber doch von gräflicher Herkunft sei. Seine gräfliche Herkunft führt er auf seine Großmutter, eine geborene Graf, aus Gräfenroda stammend, zurück.
Wahrscheinlicher ist jedoch die Geschichte, dass Heinrich seinen Vater nie kennengelernt hat und ob dieser Tatsache den Mädchenamen Ehrhardt seiner Mutter Barbara trug. Ein früherer thüringischer Landesarchivar in Weimar, Dr. Wolfgang Huschke, hat in den 1950er Jahren eine andere Geschichte aus einem Kirchenbuch ausgegraben: Seinen Recherchen zufolge könnte Heinrichs Vater ein wandernder Schlossergeselle und späterer Lokomotivführer namens Gottlieb Reuther aus Weinsberg in Württemberg gewesen sein.
In ihrer Biographie von 1969 versucht Maria Fisher-Ehrhardt das angebliche Geheimnis um die gräfliche Herkunft ihres Vaters Heinrich zu lüften: Ihrer Geschichte zufolge hat sich rund ein Jahr vor Heinrichs Geburt ein gewisser Herzog Eugen von Württemberg, ein Kommandeur des preußischen Regiments, in die Mutter von Heinrich, die schöne Barbara, verliebt. Sie zeugten Heinrich, doch ihre Liebe stand unter keinem guten Stern: Eugen musste seine Geliebte verlassen, um dem Ruf des Königs von Preußen zu folgen. Barbara gestand den Eltern und Großeltern ihre außereheliche Verbindung und wurde daraufhin von der Familie verstoßen. Erst als ihr Vater starb, versöhnte sie sich wieder mit ihrer Mutter und hoffte auf Eugens Rückkehr. Schöne Märchengeschichte oder wahre Gegebenheit? Die Frage um Heinrichs Herkunft bleibt bis heute ein Mythos.
Ohne Frage ist, dass Heinrich Ehrhard eine bemerkenswerte Persönlichkeit war. In seiner Autobiographie erzählt er, wie es ihn geprägt hat, ohne Eltern bei seiner Großmutter aufzuwachsen: Die harte Arbeit auf dem Hof und in der Milchkammer war lehrreich, wofür sich der damals Vier-bis Fünfjährige gelegentlich belohnte: Schon in frühen Jahren handwerklich geschickt, fädelte er einen Strohhalm in die Luftlöcher eines Milchfasses ein, um daraus heimlich den Milchrahm zu saugen. Die Idee für seine erste „hydraulische Saugvorrichtung“ flog auf, doch setzte er auch in den Folgejahren seine Bauernschläue mit Geschick ein. So auch bei seinem Vetter, dem Mechaniker Peter Ehrhardt, der eine Schmiede betrieb und dem 14-jährigen Heinrich ein harter Lehrmeister war. Für die Werkstatt mit Drehbank musste er Holz sammeln und dem garstigen Peter auch die tägliche Mittagssuppe bringen. Einmal stolperte Heinrich auf der alten Holztreppe, die Suppe schwappte auf den Boden, und in Angst vor den Prügeln wischte er die Suppe von den Holzdielen zurück in die Schüssel. Der Vetter ahnte nichts Böses, löffelte die Suppe aus, wunderte sich jedoch über sein Zähneknirschen. Ob das wohl von den Sandkörnern kam?
Die Lehrzeit nahm für Heinrich zunächst eine gute Wende: Als sein Vetter von einem Augenleiden befallen wurde, bekam er die Chance, das Geschäft zu leiten. Bevor seine vierjährige Lehrzeit vorbei war, kam es jedoch zu einem heftigen Streit zwischen den Vettern, was Heinrich zur Flucht veranlasste. In den Folgejahren führte er ein unruhiges Leben mit vielen beruflichen Stationen. Seine Führungsstärke und sein Willen, sein Wissen stetig zu erweitern, motivierten ihn, vielseitige Erfahrungen, sei es als Konstrukteur von Destilliermaschinen, Mechaniker, Werkmeister und Erfinder auf dem Gebiet der Waffentechnik, zu sammeln. Der Mann, der aus einer Kleinbauern und Handwerkerfamilie stammt, hat einen beachtlichen Lebensweg beschritten. Als Führungspersönlichkeit mit Durchsetzungskraft bleibt er in Erinnerung.
In ihrer Biographie von 1969 versucht Maria Fisher-Ehrhardt das angebliche Geheimnis um die gräfliche Herkunft ihres Vaters Heinrich zu lüften: Ihrer Geschichte zufolge hat sich rund ein Jahr vor Heinrichs Geburt ein gewisser Herzog Eugen von Württemberg, ein Kommandeur des preußischen Regiments, in die Mutter von Heinrich, die schöne Barbara, verliebt. Sie zeugten Heinrich, doch ihre Liebe stand unter keinem guten Stern: Eugen musste seine Geliebte verlassen, um dem Ruf des Königs von Preußen zu folgen. Barbara gestand den Eltern und Großeltern ihre außereheliche Verbindung und wurde daraufhin von der Familie verstoßen. Erst als ihr Vater starb, versöhnte sie sich wieder mit ihrer Mutter und hoffte auf Eugens Rückkehr. Schöne Märchengeschichte oder wahre Gegebenheit? Die Frage um Heinrichs Herkunft bleibt bis heute ein Mythos.
Ohne Frage ist, dass Heinrich Ehrhard eine bemerkenswerte Persönlichkeit war. In seiner Autobiographie erzählt er, wie es ihn geprägt hat, ohne Eltern bei seiner Großmutter aufzuwachsen: Die harte Arbeit auf dem Hof und in der Milchkammer war lehrreich, wofür sich der damals Vier-bis Fünfjährige gelegentlich belohnte: Schon in frühen Jahren handwerklich geschickt, fädelte er einen Strohhalm in die Luftlöcher eines Milchfasses ein, um daraus heimlich den Milchrahm zu saugen. Die Idee für seine erste „hydraulische Saugvorrichtung“ flog auf, doch setzte er auch in den Folgejahren seine Bauernschläue mit Geschick ein. So auch bei seinem Vetter, dem Mechaniker Peter Ehrhardt, der eine Schmiede betrieb und dem 14-jährigen Heinrich ein harter Lehrmeister war. Für die Werkstatt mit Drehbank musste er Holz sammeln und dem garstigen Peter auch die tägliche Mittagssuppe bringen. Einmal stolperte Heinrich auf der alten Holztreppe, die Suppe schwappte auf den Boden, und in Angst vor den Prügeln wischte er die Suppe von den Holzdielen zurück in die Schüssel. Der Vetter ahnte nichts Böses, löffelte die Suppe aus, wunderte sich jedoch über sein Zähneknirschen. Ob das wohl von den Sandkörnern kam?
Die Lehrzeit nahm für Heinrich zunächst eine gute Wende: Als sein Vetter von einem Augenleiden befallen wurde, bekam er die Chance, das Geschäft zu leiten. Bevor seine vierjährige Lehrzeit vorbei war, kam es jedoch zu einem heftigen Streit zwischen den Vettern, was Heinrich zur Flucht veranlasste. In den Folgejahren führte er ein unruhiges Leben mit vielen beruflichen Stationen. Seine Führungsstärke und sein Willen, sein Wissen stetig zu erweitern, motivierten ihn, vielseitige Erfahrungen, sei es als Konstrukteur von Destilliermaschinen, Mechaniker, Werkmeister und Erfinder auf dem Gebiet der Waffentechnik, zu sammeln. Der Mann, der aus einer Kleinbauern und Handwerkerfamilie stammt, hat einen beachtlichen Lebensweg beschritten. Als Führungspersönlichkeit mit Durchsetzungskraft bleibt er in Erinnerung.
Carl Völler, Ehrhardts treuester Ingenieur: „Ich gehe nicht zu Krupp!“
Er war einer der engsten und treuesten Mitarbeiter von Heinrich Ehrhardt und gehörte in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu den fähigsten Ingenieuren der jungen Rheinischen Metallwaaren- und Maschinenfabrik. Die Rede ist von Carl Völler, Oberingenieur bei Rheinmetall, Waffenkonstrukteur und Betriebsleiter in Düsseldorf.Der gelernte Eisendreher war über seine erste Stelle bei den Kölner Helios-Werken vermutlich schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu den ebenfalls von Heinrich Ehrhardt geleiteten Fahrzeugwerken Eisenach gekommen. Dort hatte er den Ingenieur Konrad Haußner, den Miterfinder des berühmten Rohrrücklaufgeschützes, als Leiter des Artillerie-Konstruktionsbüro abgelöst. Haußner hatte sich mit Ehrhardt überworfen und war nach Argentinien ausgewandert.
Mit der Verlegung der Artillerie-Konstruktion nach Düsseldorf kam auch Völler 1903 zu Rheinmetall. 1912 ´wurde ihm Prokura erteilt, seitdem titulierte Völler als Rheinmetall-Direktor. Ihm verdankte das junge Unternehmen das 7,5cm Gebirgsgeschütz „System Ehrhardt“, für das er von Kaiser Wilhelm II. mit der Kolonialmedaille ausgezeichnet wurde und das von der Heeresverwaltung im Jahre 1909 offiziell eingeführt wurde. Besonderes Aufsehen erregte sein ebenfalls 1909 gemeinsam mit dem Pionier- und Ingenieurkorps des Großen Generalstabs entwickelter schwerer Minenwerfer zur artilleristischen Vorbereitung der Erstürmung einer befestigten Stellung.
Mehr noch als mit Rheinmetall fühlte sich Völler mit Heinrich Ehrhardt verbunden. Als er 1908 zufällig aus der Zeitung erfuhr, dass Krupp über die Börse heimlich die Mehrheit der Rheinmetall-Aktien erworben hatte, machte er sich ernsthaft Sorgen. Allerdings weniger um die Zukunft des Unternehmens an sich, sondern vor allem darum, dass der Essener Konkurrent seine und Ehrhardts Tätigkeit in der Geschützkonstruktion beschneiden könnte. Deswegen schrieb er an Ehrhardt und versicherte ihm: „Ich gehe nicht zu Krupp! Wenn er die Rheinische aufkauft, dann machen wir die Kanone in Zella weiter und zwar mit größter Energie.“ Und er schlug Ehrhardt außerdem vor, „eine ganz neue Ehrhardt-Kanonenfabrik zu gründen, aber nicht anders als mit dem vollen Ehrhardt-Namen und nicht als Rh. M. M.“
Soweit kam es – zum Glück für Rheinmetall – nicht, und Völler blieb der „Rheinischen“, bzw. der „Patrone“, wie das Düsseldorfer Werk im Volksmund genannt wurde, treu. Seine sicher glanzvolle Karriere als Geschützentwickler fand allerdings 1916 ein jähes Ende, als er bei einem Unfall auf dem Schießplatz Unterlüß tödlich verwundet wurde. Der einzige davon erhaltene Erinnerungsbericht stammt aus der Feder des späteren Konstruktionschefs Carl Waninger: Er schildert in seiner Anekdotensammlung „Knallbonbons“ eher lapidar dieses nicht nur für Völler, sondern auch für Rheinmetall tragische Unglück: „Bei einem Schießversuch streckte Herr Völler seinen Kopf ein bißchen zuviel heraus. Er bekam ein ganz kleines Blechstückchen an den Kopf, verlangte nach einem Kognac, wünschte nach Celle ins Krankenhaus gebracht zu werden und starb dort ein paar Wochen später.“
Die Beliebtheit, die Völler in Düsseldorf auch bei der Arbeiterschaft genossen hatte, zeigte sich bei seiner Beisetzung, als ein langer Trauerzug vom Rheinmetall-Gelände an der Ulmenstraße bis zum Nordfriedhof zog. Dort ist sein – vor wenigen Jahren restauriertes – großes, künstlerisch gestaltetes Grabmal noch heute zu sehen.
Soweit kam es – zum Glück für Rheinmetall – nicht, und Völler blieb der „Rheinischen“, bzw. der „Patrone“, wie das Düsseldorfer Werk im Volksmund genannt wurde, treu. Seine sicher glanzvolle Karriere als Geschützentwickler fand allerdings 1916 ein jähes Ende, als er bei einem Unfall auf dem Schießplatz Unterlüß tödlich verwundet wurde. Der einzige davon erhaltene Erinnerungsbericht stammt aus der Feder des späteren Konstruktionschefs Carl Waninger: Er schildert in seiner Anekdotensammlung „Knallbonbons“ eher lapidar dieses nicht nur für Völler, sondern auch für Rheinmetall tragische Unglück: „Bei einem Schießversuch streckte Herr Völler seinen Kopf ein bißchen zuviel heraus. Er bekam ein ganz kleines Blechstückchen an den Kopf, verlangte nach einem Kognac, wünschte nach Celle ins Krankenhaus gebracht zu werden und starb dort ein paar Wochen später.“
Die Beliebtheit, die Völler in Düsseldorf auch bei der Arbeiterschaft genossen hatte, zeigte sich bei seiner Beisetzung, als ein langer Trauerzug vom Rheinmetall-Gelände an der Ulmenstraße bis zum Nordfriedhof zog. Dort ist sein – vor wenigen Jahren restauriertes – großes, künstlerisch gestaltetes Grabmal noch heute zu sehen.
Vom Weiberspazierhof zum Catwalk – in Halle 29 präsentiert Gerry Weber heute Mode
Während der Düsseldorfer Modemessen wird die Halle 29 – heute im Besitz des renommierten und überaus erfolgreichen Modeunternehmers Gerry Weber – regelmäßig zum internationalen Hotspot. In unmittelbarer Nähe zur Rheinmetall- Hauptverwaltung erblicken die Kollektionen der kommenden Sommer- und Winter-Saisons erstmals das Licht der Modewelt, vorgeführt von weiblichen Schönheiten auf dem Laufsteg, in der Branche Catwalk genannt. Dass sie, mit der historischen Lupe betrachtet, dabei an eine knapp 100 Jahre alte Tradition anknüpfen, dürfte den Models und allen anderen Modeakteuren vermutlich nicht bekannt sein.Schon im Jahr 1916 gingen in Sichtweite der damals im Bau befindlichen Produktionshalle 29 Damen auf und ab. Allerdings nur zu bestimmten Zeiten, genauer gesagt, wenn sie Freigang hatten. Die „Damen“ waren nämlich Insassinnen des Königlichen Gefängnisses, und ihr „Catwalk“ war der „Weiberspazierhof“.
Diese Konstellation empfand die damalige Gefängnisleitung als nicht besonders glücklich. Aus ihrer Sicht sollte der Blick in den Spazierhof unbedingt vermieden werden. Zwischen den zuständigen Behörden und dem Vorstand der Rheinischen Metallwaaren- und Maschinenfabrik A.G. entstand ein reger Briefwechsel über Auflagen und Verbote beim Bau der Halle.
Diese Konstellation empfand die damalige Gefängnisleitung als nicht besonders glücklich. Aus ihrer Sicht sollte der Blick in den Spazierhof unbedingt vermieden werden. Zwischen den zuständigen Behörden und dem Vorstand der Rheinischen Metallwaaren- und Maschinenfabrik A.G. entstand ein reger Briefwechsel über Auflagen und Verbote beim Bau der Halle.
Sie wurde im Kriegsjahr 1916 dringend für die Produktion von Rüstungsgütern benötigt, und zwar inklusive Schießstand mit ausreichender Visierlinie, damit die königlichen Beamten die kriegswichtigen Güter prüfen und abnehmen konnten. Dabei machte man auf Unternehmerseite gezielt darauf aufmerksam, dass das Projekt zwar „auch den Interessen unserer Fabrik, aber andererseits doch in so hervorragendem Maße der Landesverteidigung“ diene.
Der Bau der neuen Produktionshalle wurde schließlich unter strengen Aufl agen genehmigt. Am strengsten untersagt war der Sichtkontakt in den Gefängnisinnenhof. Es wurde vereinbart, dass die Maurer „ständig hinter einem zwei Meter hohen Holzgerüst arbeiten, damit ihnen der Einblick in den Weiberspazierhof unmöglich gemacht wird“. Zudem sollte eine neue Grenzmauer in der respektablen Höhe von vier Metern errichtet werden, ohne Öffnungen! Während der Bauzeit war es „allen Bauarbeitern untersagt, mit den Gefangenen durch Zurufen, Zeichengeben, Durchsteckereien und dergleichen in Verbindung zu treten“.
Das Gefängnis wurde übrigens zwischenzeitlich ins benachbarte Ratingen verlegt, blickdicht geschützt von hohen Mauern und umgeben von rund 110 Hektar Naherholungsgebiet mit zwei Seen und weitläufi gen Grünfl ächen inklusive gut ausgebautem Wegenetz, auf denen heute Fußgänger, Radfahrer und Vierbeiner ihre erholsamen Runden drehen...
Der Bau der neuen Produktionshalle wurde schließlich unter strengen Aufl agen genehmigt. Am strengsten untersagt war der Sichtkontakt in den Gefängnisinnenhof. Es wurde vereinbart, dass die Maurer „ständig hinter einem zwei Meter hohen Holzgerüst arbeiten, damit ihnen der Einblick in den Weiberspazierhof unmöglich gemacht wird“. Zudem sollte eine neue Grenzmauer in der respektablen Höhe von vier Metern errichtet werden, ohne Öffnungen! Während der Bauzeit war es „allen Bauarbeitern untersagt, mit den Gefangenen durch Zurufen, Zeichengeben, Durchsteckereien und dergleichen in Verbindung zu treten“.
Das Gefängnis wurde übrigens zwischenzeitlich ins benachbarte Ratingen verlegt, blickdicht geschützt von hohen Mauern und umgeben von rund 110 Hektar Naherholungsgebiet mit zwei Seen und weitläufi gen Grünfl ächen inklusive gut ausgebautem Wegenetz, auf denen heute Fußgänger, Radfahrer und Vierbeiner ihre erholsamen Runden drehen...