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21.07.2022 | Story

Schützenpanzer Marder – Der Marder feiert in 2021 sein 50-jähriges

Einsatzbewährtes Waffensystem der Panzergrenadiere

Hohe taktische Mobilität, eindrucksvolle Feuerkraft und die Möglichkeit des schnellen und sicheren Truppentransports in hochgefährliche Einsatzgebiete machen den Schützenpanzer Marder zu einem herausragenden Waffensystem.

Seine SPz-Konstruktion ist praxiserprobt: der Motorraum liegt vorn, der Geschützturm ist im vorderen Teil des Fahrzeugs integriert, der Mannschaftsraum im Heck mit einer großen Heckrampe für schnelles Auf- und Absitzen. Wartungsfreundlich, ist der Marder speziell für leichte Handhabung und maximale Zuverlässigkeit konzipiert. Rheinmetall bietet zahlreiche Upgrade-Möglichkeiten zur Verbesserung des Schutzniveaus, zur Steigerung der Feuerkraft bis zu umfangreichen Aufklärungsmitteln.

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Übergabe des ersten Serienfahrzeugs an die Truppe am 7. Mai 1971 bei MaK in Kiel. Die Fahrzeuge besaßen noch keine Kettenschürzen. Quelle: MaK

Am 7. Mai 1971 wurden die ersten Serienfahrzeuge des Schützenpanzers Marder offiziell an die Truppe übergeben. Dies geschah mit zeitgleichen Zeremonien in Kassel und Kiel – den Sitzen der Herstellerfirmen Thyssen-Henschel und Krupp MaK, seit 1999 bzw. 2001 zu Rheinmetall gehörig. Bei der Konzeption des Schützenpanzers ging man seinerzeit davon aus, dass der Marder im Verbund mit dem Kampfpanzer Leopard1 im Heer einen entscheidenden Beitrag zur Landesverteidigung leisten würde. Der reale Ablauf der Geschichte sollte aber noch ganz andere Herausforderungen mit sich bringen.

Im „Kalten Krieg“ erfolgten lediglich Manövereinsätze, welche aber die glaubhafte Verteidigungsbereitschaft des NATO-Partners Bundesrepublik Deutschland unterstrichen. Unterdessen befindet sich schon lange kein Leopard1 mehr bei der Bundeswehr in der Nutzung. Gleiches gilt für andere der militärgeschichtlichen Zeitgenossen des Marders, darunter der Spähpanzer Luchs, das Kampfflugzeug Starfighter F-104 oder die Hubschrauber BO105 und Bell UH-1D. Der Marder hingegen musste sich als Bestandteil der Quick Reaction Force in Feuergefechten in den Räumen von Kunduz und Mazar-e Sharif in Afghanistan bewähren und dient bis heute in den deutschen Streitkräften.

Historisch: Die Entwicklung der Prototypen

Die Suche nach dem richtigen Konzept

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Nach Untersuchung der ersten Fahrzeuge reifte beim Führungsstab des Heeres die Erkenntnis, dass die einengenden Forderungen aufgegeben werden mussten, um ein optimaleres SPz-Konzept zu ermöglichen. Neben dem Wegfall der Vorgabe nach einer maximalen Bauhöhe von 1.890mm wurde auch die Besatzungsstärke von zwölf auf zehn Mann reduziert.
 

Im Oktober 1962 wurden die Entwicklungsverträge für sieben neue Prototypen des Gruppenfahrzeugs mit den Firmen Ruhrstahl (Hanomag) und MOWAG abgeschlossen. Die Firma Henschel nahm an diesem Wettbewerb nicht teil, da sich dieses Unternehmen vorrangig auf die Entwicklung weiterer Prototypen der Varianten Jagdpanzer Kanone, Mörserträger, Krankenkraftwagen (KrKW) und Raketenwerfer konzentrierte. Die Kooperation mit der Firma MOWAG wurde zuvor wegen Patentstreitigkeiten für beendet erklärt.

Für die Prototypen der zweiten Generation erfolgte ein konzeptioneller Neuansatz. Um einen großen Heckzugang zu ermöglichen, wurde bei den RU-Fahrzeugen der komplette Triebwerksblock nunmehr im Bug untergebracht – damit entfielen auch die störanfälligen Gelenkwellenverbindungen. Für die Fahrzeuge stand auch der von Rheinmetall neu konstruierte Ein-Mann-Turm DL-RH3 zur Verfügung, bei dem neben der 20mm-Maschinenkanone (MK) auch ein achsparalleles Maschinengewehr (MG) vorgesehen war.

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Prototyp RU261 aus dem Jahr 1964 mit kompakten Triebwerksblock im Bug – aber noch mit Ein-Mann-Turm. Dem Schützentrupp standen für den aufgesessenen Kampf zwei große Klappen im Kampfraumdach zur Verfügung. Quelle: Ruhrstahl AG

Nachdem der Kommandant anfangs noch links neben dem Turm platziert war, rutschte sein Platz bei den späteren Prototypen direkt hinter den Fahrer – damit konnte links neben dem Turm Platz zur Unterbringung eines später einzurüstenden Panzerabwehr-Raketensystems (Bofors Anti-Tank-Missile/BANTAM) geschaffen werden. Das neue Konzept führte zu einer Vergrößerung der Fahrzeuge, das Gefechtsgewicht stieg auf ca. 26 Tonnen an.

Im Rahmen des Truppenversuches wurde die Unterbringung des Kommandanten außerhalb des Turms bemängelt, da hierdurch Sichtmöglichkeiten und Führungsfähigkeit stark beeinträchtigt waren. Da die drehstabgefederten Fahrzeuge im Gelände ein unbefriedigendes fahrdynamisches Verhalten aufwiesen, wurde in den RU264 eine Hydrop-Federung eingebaut. Hiervon versprach man sich bessere Fahreigenschaften; nach fast fünfjähriger Erprobung wurden die Versuche wegen unzureichender Zuverlässigkeit und Standfestigkeit der Federelemente abgebrochen.

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Größenvergleich des Prototyps RU262 (rechts) mit dem SPz HS30 (hier mit 106mm Leichtgeschütz). Der RU262 war gut zehn Tonnen schwerer als der HS30. Quelle: KTS II/III Munster
Zusätzliche Forderungen erfordern neue Konzeptlösungen
Die Vorserienfahrzeuge

Weitere Kampfwertsteigerungsmaßnahmen

Bemerkenswerterweise ergaben sich auch nach intensiver Erprobung und eingehenden Truppenversuchen später immer wieder Wünsche des Nutzers nach funktionellen Verbesserungen. Auch erforderte die Anpassung des Kampfwertes an die aktuelle Bedrohungslage eine stetige Modellpflege. Stichwortartig seien die bislang durchgeführten Kampfwertsteigerungsmaßnahmen (KWS) aufgeführt:
1977 – 1979
1979 – 1982
1984 – 1989
1989 – 1998
1998 – 2000
2002 – 2005
2010 – 2011
Aktuelle Aktivitäten: Die Nutzungsdauerverlängerung

Auslandseinsätze der SPz Marder

Während des Einmarsches der NATO-geführten Kosovo Force (KFOR) im ehemaligen Jugoslawien ab dem 12. Juni 1999 rückte der Schützenpanzer Marder (in der Version 1A3) Seite an Seite mit dem Kampfpanzer Leopard2 und dem Spähpanzer Luchs vor. Danach wurde der SPz Marder vornehmlich zu Sicherungsaufgaben eingesetzt. Die Absicherung von mobilen, temporären Check-Points sowie das Überwachen von Räumen waren dabei die Hauptaufgaben.

Mobilität auch in schwerem Gelände, die zur Sicherung und Überwachung eingesetzte Bordmaschinenkanone (BMK) sowie Transportkapazität für Sicherungskräfte und zusätzliches Material zeichneten den Marder hier aus. Dazu kamen weitere Aufgaben wie die Konvoi- und Patrouillenbegleitung.

Ab Anfang 2003 wurden aufgrund der herrschenden Minenbedrohung die Fahrzeuge gegen die Version 1A5 ausgetauscht.

Im Rahmen des Internationalen Security Assistance Force-Einsatzes (ISAF) in Afghanistan wurden Ende 2007 die ersten Marder1A5A1 dem deutschen Einsatzkontingent zugeführt. Insgesamt waren bis zu 35 SPz Marder in Afghanistan in Mazar-e Sharif sowie ab 2009 in Kunduz zur Verstärkung des Quick Reaction Force (QRF)-Verbandes im Einsatz. Auch hier bewährte sich der SPz Marder hervorragend.

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SPz Marder1A3 im Einsatz bei der KFOR-Truppe im Kosovo. Quelle: Archiv Autor
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SPz Marder1A5 im Einsatz bei der ISAF-Truppe in Afghanistan. Quelle: Bundeswehr

Seine reine Anwesenheit führte bei eigenen und verbündeten Kräften zu einem deutlich gesteigerten Gefühl der Sicherheit sowie beim Gegner zu großem Respekt. Aus taktischen Überlegungen heraus wurde der SPz Marder oftmals in gemischten Verbänden gemeinsam mit Radfahrzeugen, etwa vom Typ Dingo genutzt. Neben Sicherungsaufgaben und als gepanzerte Reserve erfüllte der SPz Marder hier oftmals die Aufgabe des flankierenden Einsatzes. Der Kampfraum wurde wegen der sperrigen Ausrüstung meist nur von maximal vier Soldaten besetzt. Das offene, teilweise durchschnittene Gelände in Nordafghanistan kam dem SPz Marder sehr entgegen, Wassergräben und landestypische Lehmwälle, sogenannte Compounds, stellten meist kein Hindernis dar.

Probleme bereitete dem SPz Marder lediglich örtlich überlegener, aus dem Hinterhalt operierender Feind (z.B. mit großen IED-Sprengfallen oder gebündeltem Feuer mit Panzerabwehrhandwaffen) sowie die große Hitze. Im hinteren Kampfraum wurden Spitzentemperaturen von bis zu 80°C gemessen. Daher wurden alle eingesetzten 35 SPz Marder ab 2010 mit Kampfraumkühlanlagen ausgestattet.

Exportkunden

Der Hersteller war natürlich bemüht, den SPz Marder auch auf dem internationalen Markt zu platzieren. Hier gab es einen beachtlichen Anfangserfolg, als es Thyssen-Henschel im Jahr 1977 gelang, den leichten Panzer Tanque Argentino Mediano (TAM) nach Argentinien zu exportieren. Es folgten dann als Familienfahrzeuge der Schützenpanzer Vehiculo de Combate Transporte de Personal VCTP, der Mörserträger, der Führungspanzer, die Panzerhaubitze, das Sanitätsfahrzeug, der Bergepanzer und ein Raketenwerfer (teilweise nur Prototypen). Damit wurde in Argentinien die Marder-Familie realisiert, die bei der Bundeswehr nicht zum Zuge kam. Weitere Verkäufe von Marder-Fahrzeugen in südamerikanische Staaten sowie nach Thailand kamen überwiegend aus politischen Gründen nicht zu Stande. Versuche des Herstellers in den 1990er Jahren, den SPz Marder in die Schweiz, bzw. nach Griechenland zu verkaufen, blieben ebenfalls ohne Erfolg. Griechenland hatte im Jahr 2009 ein vehementes Interesse am Kauf von 422 Exemplaren. Letztendlich scheiterte dieses Vorhaben an der Finanzierung.
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SPz Marder1A3 im Einsatz bei der chilenischen Armee. Quelle: Archiv Autor
Im Jahr 2008 hat sich Chile zum Kauf von 200 Marder1A3 sowie sieben Fahrschulpanzern aus Beständen der Bundeswehr (Langzeitlagerung/LZL) entschlossen. Hinzu kamen im Jahr 2011 weitere dreißig Fahrzeuge, die als Ersatzteilspender fungieren sollen. In Chile unterliegt das Fahrzeug bei Einsätzen auf einer Höhe von bis zu 4.300 Metern über dem Meeresspiegel und Außentemperaturen von über 40 Grad Celsius einer besonders hohen Belastung. Der extrem hohe Staubanfall erfordert eine intensive und sorgfältige Wartung aller Filter.
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SPz Marder1A3 im Einsatz bei den indonesischen Streitkräften. Quelle: Wikimedia

Ab dem Jahr 2015 wurden 42 SPz Marder1A3 aus dem Firmenbestand von Rheinmetall an Indonesien verkauft.

Des Weiteren wurden im Zeitraum 2017 – 2020 insgesamt 75 SPz Marder1A3 inklusive zweier Fahrschulpanzer sowie ein Ersatzteilpaket im Rahmen einer „Ertüchtigungshilfe“ der Bundesregierung an Jordanien abgegeben.

Aktuelle Nutzerländer

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Deutschland

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Chile

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Indonesien

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Jordanien

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Argentinien (TAM)

Ablöseplanung und die Zukunft

Im Jahr 1984 wurde im Rahmen des Programms „Kampfwagen 90“ die Taktische Forderung (TaF) zur Entwicklung eines Nachfolgers für den SPz Marder erlassen. Die Entwicklung begann zunächst sehr verheißungsvoll; bereits nach sieben Jahren konnte dem Bedarfsträger ein Prototyp für Truppenversuche zur Verfügung gestellt werden. Dann hat die sicherheitspolitische Wende in Europa und die massive Kürzung des Verteidigungshaushalts („Friedensdividende“) im Jahr 1992 zu einem Abbruch dieser erfolgversprechenden Entwicklung geführt. Ein weiterer Versuch zur Entwicklung eines neuen SPz scheiterte im Jahr 2001 an extrem hohen militärischen Forderungen bezüglich des Schutzes.

Der Start des dritten Entwicklungsprogramms stand durch die zwischenzeitlich erhobene Forderung nach Lufttransportfähigkeit des zukünftigen SPz in einem relativ kleinen Transportflugzeug unter stark einschränkenden Parametern. Hierdurch entstand am Ende ein an diese Forderungen optimiertes Gesamtsystem mit modularem Schutz und unbemanntem Turm. Letzteres erforderte für die Truppe gerade mit Blick auf die klassische Führungsfähigkeit ein Umdenken.

Im 50sten Jubiläumsjahr des Marders bleibt festzuhalten: Am 18. März 2021 erklärte der Inspekteur des Heeres die taktische Gefechtstauglichkeit des Schützenpanzers Puma in der modernisierten Version S1, welche bei der durch die Bundeswehr gestellte NATO-Speerspitze Very High Readiness Joint Task Force VJTF 2023 eingesetzt werden wird – 37 Jahre nach Erstellung der Taktischen Forderung für den Nachfolger des Marders! Gleichwohl verbleibt der deutschen Panzergrenadiertruppe mit ihrem vor 50 Jahren eingeführten Schützenpanzer Marder noch immer ein zuverlässiges und in Einsätzen bewährtes System – auch wenn das Fahrzeug in einigen Kampfwertkriterien und Funktionen nicht mehr die optimal erreichbaren Werte aufweist.

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SPz Marder1A3 und Puma. Quelle: Ralph Zwilling via Rheinmetall

Mit den derzeit vorgenommenen Maßnahmen zur Nutzungsdauerverlängerung soll der SPz Marder voraussichtlich bis zum Ende dieses Jahrzehnts betrieben werden können. Im Jahr 2030 würde sich dann die Epoche des SPz Marder nach fast 60 Jahren (!) Nutzungszeit – z.T. unter extremen klimatischen und geographischen Bedingungen – und vielen Bewährungen im harten Einsatz dem Ende neigen. Der SPz Marder hat damit die Messlatte für seinen Nachfolger sehr hoch gelegt.

Autor: Wissenschaftlicher Direktor a.D./Dipl. Ing. Rolf Hilmes war mehrere Jahre im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) in Koblenz u.a. als Referent für Panzertechnologie tätig. Danach wechselte er an die Bundesakademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik (BAkWVT) in Mannheim und nahm dort bis zu seiner Pensionierung die Aufgaben als Dozent und Fachgebietsleiter im Bereich „Waffensysteme Land“ wahr. Er ist Autor von über 200 Artikeln in Fachzeitschriften sowie Autor mehrerer Panzerbücher.

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